AGs / Projekte

.

Michael Kohlhaas

Die Theater-AG des KFG führte die berühmte Novelle "Michael Kohlhaas" von Heinrich von Kleist im Kulturhaus am Karlstorbahnhof auf

"Der Tod reit‘ auf einem kohlschwarzen Rappen", singen die sechs Schauspieler der Theater-AG der Mittel- und Oberstufe des KFG Heidelberg, – zuvor leitet die gespenstische Melodie, nur von einer Violine gespielt (Dai Amakawa, 5a), das Theaterstück ein. Die roten Bühnenlichter beginnen zu flackern und das knisternde Feuergeräusch illustriert bedrohlich die Situation: Die Bewohner Wittenbergs sind verzweifelt, nachdem Michael Kohlhaas (Moritz Pöppe, 9a) in seinem rücksichtslosen Rachefeldzug die Stadt mehrmals in Brand gesteckt hat. Doch schon nach wenigen Minuten wird aus den sieben Stadtbewohnern die Versammlung des Kurfürsten und seiner Berater. Sie diskutieren über die Verurteilung von Michael Kohlhaas.

Schnell wird klar, auf was sich die Zuschauer bei dieser Inszenierung einstellen müssen. Die in schwarze Leggings und T-Shirts gekleideten Schauspieler verwandeln sich in jeder Szene in eine andere Figur. 23 Rollen haben die sechs Schülerinnen und Schüler zu spielen – und das meistern sie hervorragend. Nur ein kleiner Requisiten- oder Kleidungswechsel, eine Kutte, Mütze oder ein Schal, zeigt den Charaktertausch an – und die Schüler verändern mit jeder Rolle vollständig ihre Spielweise.

Doch was ist hier überhaupt geschehen? Nach der kurzen Einleitung mit dem Beginn des Kleist’schen Originaltexts, welchen alle Schauspieler aus ihrer Perspektive erzählen, ist man im Geschehen. Michael Kohlhaas will wie üblich zum Pferdehandel an der Tronkenburg vorbei, wird aber um einen Passierschein gebeten. Was anfangs ein Spaß des Wärters war, wird schnell vom Verwalter (Lea Schüller, 8d) ausgenutzt, um die Rappen des Kohlhaas an sich zu bringen. In Dresden erfährt Michael Kohlhaas, dass es einen solchen geforderten Passierschein nicht gibt, – dies berichten die beiden Erzähler (Sophie Schmitt und Paulina Gischas, beide 7d). Kohlhaas eilt zu seinen beiden Knechten, die zusammengeschlagen auf seinem Hof auftauchen, statt auf der Tronkenburg zu bleiben (Clara Tsantilis und Katharina Fischer, beide 10b).

Zuerst noch besonnen wird Kohlhaas rasend vor Wut, als auch noch seine Frau in Folge der Ereignisse stirbt. Wild durcheinander berichten drei schwarz gekleidete Erzähler, lassen sich gegenseitig nicht ausreden und beenden die dramatische Szene in einer Art Sprechkanon – Kohlhaas versammelt seine Knechte für einen Rachezug auf der Tronkenburg.

Der Junker Wenzel von Tronka kann jedoch fliehen und alle Schauspieler verwandeln sich wieder in die Bewohner Wittenbergs, um erneut über ihre Lage zu klagen – Kohlhaas hat ihre Stadt anzünden lassen, um den Junker aus seinem Versteck herauszulocken. Als auch Leipzig auf diese Weise in Brand gerät – dargestellt in einer Pantomime, in welcher das Anfangslied „Der Tod reit‘ auf einem kohlschwarzen Rappen“ in einer lautstark geschrienen Heavy Metal-Version aufgegriffen wird – hängt der Mönch Martin Luther (Lea Schüller, 8d) einen Aufruf aus, in dem er das Unrecht der Taten des Kohlhaas anprangert. Durch das ganze Tikk-Theater hallt in einer akustischen Collage die Stimme des Geistlichen. Kohlhaas, dem Gerechtigkeit und Glauben sehr wichtig sind, sucht ihn daraufhin auf und erklärt seine Lage. Luther richtet daraufhin ein gutes Wort für Kohlhaas an den Kurfürsten. Hier wird die Brandszene des Anfangs wiederaufgenommen und der Kurfürst berät in aufgeregter Diskussion mit seinen Beratern.

Die Bewohner der Stadt erblicken nun die geforderten Rappen, die so abgemagert sind, dass die Bürger nicht nachvollziehen können, dass um ihretwillen ein solcher Schrecken durchs Land geht. Als aber eine Bürgerin (Clara Tsantilis, 10b) das Wort ergreift, dass es für einen Knecht unehrenvoll wäre, solche "Schindmähren" am Halter zu führen, entsteht im Volk eine Prügelei – die Stimmung kippt und richtet sich nun gegen den Gesandten des Kurfürsten.

Michael Kohlhaas wird in Folge der Ereignisse zum Tode verurteilt. Seine nun wiederhergestellten Rappen vererbt er noch seinen Söhnen. Er hat sich bereits seinem Schicksal gestellt, als sich ihm eine Möglichkeit auf Freiheit und Leben bietet. Das Amulett, das an seinem Hals baumelt, enthält einen Zettel, auf dem, wie in einer Rückblende im hinteren Bühnenbild erzählt wird, wichtige Informationen stehen, die der Kurfürst gerne gegen Kohlhaasˈ Freilassung tauschen würde: Gibt Kohlhaas diesen Zettel dem Kurfürsten, so wird Kohlhaas begnadigt. Nachdenklich schaut der Verurteilte den Zettel an und überlegt. Als das Lied im Hintergrund endet, hebt er ihn zum Mund und verschluckt ihn.

Nicht nur als Kohlhaas bei dem Mönch Martin Luther vom Tod seiner Frau spricht, kommen dem ein oder anderen Zuschauer die Tränen. Auch bei diesem eindrücklichen Schluss, in dem Kohlhaas konsequent in seinem Rechtsdenken verharrt, wischt sich so mancher die Augenwinkel. Das Lied „Es ist ein Schnitter heißt der Tod“, welches die Inszenierung wie einen Rahmen umspannt und auch in der gewaltvollen Prügelszene erklungen ist, bietet eine eindrucksvolle Untermalung des Endes.

Seit Weihnachten haben die Schülerinnen und Schüler das Stück unter der Leitung von Frau Nadler geprobt und zum Teil auch selbst umgeschrieben. Unterstützt wurden sie von der Technik (Hannes Hagenberger, 6a, und David Müller, 8c) unter der Leitung von Frau Dittkrist. Das entstandene Stück konnte sich wirklich sehen lassen.

Bericht verfasst von Lea Schüller (8d) und erschienen im Jahresbericht 2017/18


"Die Zuschauer waren von der Interpretation der Schüler überzeugt. 'Das war eine unglaubliche Leistung', ist ein Besucher begeistert: 'Es muss eine große Herausforderung sein, dieses Werk als Theaterstück darzustellen.' " (Rhein-Neckar-Zeitung vom 29. Mai 2017)